Unternehmenskultur als Wettbewerbsfaktor

Unser Zusammenleben wird von bestimmten Werten und Moralvorstellungen geprägt. Und die hängen wir nicht an den Nagel, wenn wir zur Arbeit gehen. Denn im Beruf geht es längst nicht mehr nur darum, dass am Ende des Monats noch genug Geld übrig ist. Stattdessen hat in den vergangenen Jahren die Bedeutung des sogenannten «Cultural Fit» stark zugenommen. Passt das Unternehmen zu mir und meinen Werten? Das ist eine Frage, die sich viele Bewerber stellen, bevor sie sich für einen Job entscheiden. Beim Recruiting spielen die fachlichen Anforderungen natürlich nach wie vor eine wichtige Rolle. Aber die gelebte Unternehmenskultur ist inzwischen ein entscheidender Faktor dafür, ob man passende Kandidaten findet und auch halten kann.

Was bedeutet Unternehmenskultur? – Definition und wissenschaftlicher Ansatz

Ein Wirtschaftsunternehmen ist ein Ort, an dem auf verschiedene Art und Weise Geld verdient wird. Weil hier Menschen zusammenarbeiten, ist es zugleich ein gesellschaftlicher Mikrokosmos und bildet eine Organisationseinheit. Im Laufe der Zeit entwickeln sich gewisse Strukturen und Normen, an denen sich das Zusammenwirken orientiert. Diese Strukturen und Normen bestimmen die Unternehmenskultur. Geprägt wird sie durch das Verhalten aller untereinander und das Arbeitsumfeld. Das heisst, man muss sie nicht erst erfinden – in jedem Betrieb gibt es eine ganz eigene Kultur, egal welcher Ausrichtung. Dabei bildet sich eine wechselseitige Beziehung. Einerseits entsteht eine Unternehmenskultur erst durch das Miteinander, andererseits wirkt sie sich auf die Handlungsweisen des Einzelnen aus.

Die Bedeutung der Unternehmenskultur und ihr Wandel ist schon länger Gegenstand wissenschaftlicher Forschung. Als Pionier gilt der in Zürich geborene US-amerikanische Sozialwissenschaftler Edgar H. Schein. Seine Theorien legten den Grundstein für viele weitere Modelle, wie sich eine Unternehmenskultur entwickelt und wie sie empfunden wird. Sie alle zu beleuchten, sprengt an dieser Stelle den Rahmen. Kurz und knapp formuliert spielt sich das, was die Kultur im Unternehmen ausmacht, auf der Sachebene und auf der Beziehungsebene ab. Während die Einflussfaktoren auf der Sachebene sichtbar sind, wie etwa bestimmte Arbeitsregeln, läuft auf der Beziehungsebene vieles unbewusst ab. Das ist das sogenannte «Eisbergmodell» der Unternehmenskultur. Wer einen Kulturwandel im Unternehmen anstrebt, muss vor allem bei diesen verborgenen Strukturen ansetzen.

Wie wichtig ist die Unternehmenskultur?

Zwar hängt unternehmerischer Erfolg auch von äusseren Umständen, wie Konjunktur und Marktlage, ab. Doch es ist schon lange bekannt, dass die Stimmung im Unternehmen ebenfalls grossen Einfluss auf die Einzelleistung der Mitarbeitenden und damit auf die Gesamtleistung des Unternehmens hat. Einfach ausgedrückt: Je besser die Stimmung, desto besser die Leistung. Somit kann man die Unternehmenskultur als einen weichen Wettbewerbsfaktor betrachten.

Wie kann eine Unternehmenskultur ausgerichtet sein?

Dabei unterscheidet man drei Arten von Unternehmenskultur: eine gute, eine schlechte oder eine indolente.

  • Eine schlechte Unternehmenskultur ist vor allem durch Missverständnisse und Konflikte zwischen den Mitarbeitenden untereinander und / oder der Führungsebene geprägt. Beschwerden, eine starke Fluktuation und ein hoher Krankenstand können die Folge sein.
  • Eine indolente Unternehmenskultur zeichnet sich durch Gleichgültigkeit aus. Es gibt keinen Willen zu Veränderung, weil alles, was seit Jahren rund läuft, als gut und passend empfunden wird. Die Folgen: Resignation und «Dienst nach Vorschrift».
  • Eine gute Unternehmenskultur präsentiert sich offen und transparent und hat das Wohlbefinden der Mitarbeitenden stets im Blick. Das sorgt für Motivation und Mitarbeiterbindung und steigert dadurch die Wettbewerbsfähigkeit.

Aber die Kultur eines Unternehmens und dessen Werte wirken nicht nur nach innen. Sie entfalten zugleich eine starke Aussenwirkung. Denn das, was im Unternehmen tatsächlich passiert, bekommen Kunden, Lieferanten und Geschäftspartner genau mit. Gestresste und frustrierte Mitarbeitende im Service beispielsweise sind kein gutes Aushängeschild. Oder ein Unternehmen schreibt sich hohe gesellschaftliche Standards auf die Fahnen, bietet aber schlechte Arbeitsbedingungen und zahlt bloss Mindestlöhne. Hier klaffen propagierte Werte und die gelebte Unternehmenskultur auseinander. Und auf diese Weise lassen sich weder Kunden langfristig zufrieden stellen, noch Bewerber gewinnen.

Wie gelingt der Kulturwandel im Unternehmen?

Der Wertewandel der vergangenen Jahrzehnte hat dazu geführt, dass vor allem die jungen Generationen ihr Arbeitsleben anders gestalten wollen. Neben einer angemessenen Vergütung wünschen sie sich eine sinnstiftende Aufgabe, Weiterentwicklungs- und Gestaltungsmöglichkeiten. Aber auch ältere Mitarbeitende müssen mitgenommen werden. Der technologische Fortschritt zwingt viele inzwischen zu weit grösserer Flexibilität und Lernbereitschaft. Eine gute Unternehmenskultur sorgt hier für den nötigen Rahmen, dass niemand aussen vor bleiben muss. Viele Unternehmen haben das erkannt und versuchen, alte Strukturen aufzubrechen und einen Kulturwandel herbeizuführen.

Das ist keine leichte Aufgabe. Denn man kann nicht in den Topf des Nachbarn schauen und dessen Rezept abschreiben. Nur weil zum Beispiel agiles Arbeiten gerade angesagt ist, heisst das lange nicht, dass es auch im eigenen Unternehmen klappt. Die Schwierigkeit besteht darin, dass man einen Wandel nicht einfach mit neuen Methoden erzwingen kann. Ein Handwerksbetrieb funktioniert anders als eine IT-Firma. Deshalb muss die Unternehmenskultur zur eigenen Ausrichtung passen. Am allerwichtigsten aber ist es, nicht nur die Spitze des Eisbergs zu betrachten. Eine offene, angstfreie Kommunikation sorgt dafür, dass man in der Lage ist, Gefühle, Gedanken und Bedürfnisse der Belegschaft auszuloten. Denn diese beeinflussen das Klima am Arbeitsplatz am meisten.

Cultural Fit – Das Arbeitsklima entscheidet

Um herauszufinden, ob der Cultural Fit stimmt, gibt die Stellenanzeige für Bewerber erste Hinweise. In der Rubrik «Wir bieten» listen Unternehmen all das auf, wovon sie glauben, es mache sie zu einem besonders attraktiven Arbeitgeber. Teamevents, flexible Arbeitszeiten, betriebliches Gesundheitsmanagement, eine offene Arbeitsatmosphäre sind Schlagworte, die man dort häufig finden kann. Sicherlich ein guter Blickfang und oftmals ausschlaggebend dafür, ob sich jemand bewirbt.

Doch wer mit seiner Unternehmenskultur punkten will, muss sie auch unter Beweis stellen. Dies bedeutet, schon im Recruiting-Prozess jedem Bewerber Wertschätzung entgegenzubringen. Ausserdem sollten Kandidaten die Chance auf einen umfassenden Einblick bekommen. Hier sind die eigenen Mitarbeitenden der beste Seismograph. Wenn sie zufrieden sind, resultiert das in einem guten Arbeitsklima und so etwas merkt ein Bewerber schnell. Und das sorgt am Ende für die Entscheidung. Eher noch als der attraktivste Benefit.

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