Berufsbezeichnungen Schweiz – alles wird Englisch?

Wenn Sie unseren Recruiting Blog lesen, dann sind Sie vermutlich im Bereich Human Ressources tätig. Etwa als Headhunter oder als Certified HR-Specialist with Federal Diploma of Higher Education? Vielleicht haben Sie auch Ihre eigene Temp Agency? Mehr und mehr halten Anglizismen in unserem Sprachgebrauch Einzug. Das gilt ebenso für englische Berufsbezeichnungen in der Schweiz. Aber macht das immer Sinn und ist überhaupt verständlich, welcher Job sich hinter dem englischen Berufstitel verbirgt?

Wie sich Berufsbezeichnungen verändern

Gerade die Schweiz als Einwanderungsland im Herzen Europas erfährt viele verschiedene Einflüsse von aussen. Nicht zuletzt dadurch verändert sich unsere Sprache im Verlauf der Jahrzehnte und Jahrhunderte. Manche Termini, die jüngere Menschen benutzen, mögen bei den Älteren für Kopfschütteln sorgen. Und umgekehrt kannte die Grosseltern-Generation vielleicht noch Begriffe, mit denen die Enkel kaum etwas anfangen können.

Alte Berufsbezeichnungen in der Schweiz* – Hätten Sie es gewusst?

  • Bartzwicker – Barbier

  • Feuermäuerkehrer – Schornsteinfeger

  • Lignarius – Zimmermann

  • Neygerin – Näherin

  • Pistor – Bäcker

  • Säckelmeister – Vermögensverwalter

Übrigens haben nicht wenige Schweizer Nachnamen ihren Ursprung in einer alten Berufsbezeichnung. Viele der alten Berufe gibt es auch heute noch. Trotzdem würde wohl niemand auf die Idee kommen, in eine Stellenanzeige «Cementarius» zu schreiben, wenn ein Maurer gesucht wird. Denn mit diesem Berufsnamen weiss, ausser vielleicht der Lateinlehrer, keiner etwas anzufangen.
Vor allem in der jüngeren Vergangenheit sind durch Digitalisierung und technologischen Fortschritt zahlreiche neue Berufsbilder entstanden. Diese tragen nicht selten einen englischen Jobtitel. Einfach weil es keine passende deutsche Übersetzung gibt oder sich die englische Bezeichnung inzwischen etabliert hat und allgemein verständlich ist. Aber auch für so mach altbekannten Beruf wird inzwischen gerne in die Englisch-Sprachkiste gegriffen. Doch ist das wirklich zielführend?

Wann machen englische Berufsbezeichnungen Sinn?

In einer Welt, die immer internationaler wird, muss man einen gemeinsamen Nenner für die Verständigung finden. Englisch ist derzeit die führende Sprache in Wissenschaft und Geschäftswelt. Durch englische Jobtitel soll eine Basis geschaffen werden, die verschiedene Berufsausbildungen und Berufsbezeichnungen über Ländergrenzen hinweg miteinander vergleichbar macht. Allerdings ist das aufgrund der unterschiedlichen Bildungssysteme nicht ganz einfach. So gibt es beispielsweise die Abschlüsse «eidgenössischer Fachausweis» oder «eidgenössisches Diplom» nur in der Schweiz.

Seit Ende 2015 existieren für einige geschützte Schweizer Berufsbildungsabschlüsse offizielle englische Übersetzungen (↗ SBFI – Englische Titelbezeichnungen für Abschlüsse der Berufsbildung). Sie haben bestimmt schon erraten, wer der Certified HR-Specialist with Federal Diploma of Higher Education ist. Dahinter steckt ein / eine HR-Fachmann / -frau mit eidgenössischem Fachausweis. Aus der englischen Berufsbezeichnung – so sperrig sie vielleicht klingen mag – wird auch im internationalen Umfeld deutlich, dass es sich um einen höheren Bildungsabschluss mit staatlicher Anerkennung handelt. Die vergleichbare Berufsbezeichnung in Deutschland wäre beispielsweise Personaldienstleistungskaufmann / -frau, was hierzulande eben nicht gebräuchlich ist. Insofern können englische Jobtitel schon nützlich sein. Vor allem, wenn man im Ausland arbeiten oder aus dem Ausland rekrutieren möchte.

Der Manager-Boom bei den Berufsbezeichnungen

Außerdem klingt der eigene Job ins Englische übersetzt irgendwie spannender und gewichtiger, oder? Schon durch den inzwischen vielfach gern genutzten Begriff «Manager» erfährt ein Berufstitel doch eine enorme Aufwertung. Immerhin denkt man dabei zuerst an eine verantwortungsvolle Führungsposition. Das wohl berühmt-berüchtigtste Beispiel für eine solche verbale Beförderung ist der «Facility Manager». Hier muss man in der Stellenanzeige ganz genau hinschauen. Denn manchmal geht es um eine Stelle als Hauswart. Manager hin oder her, in diesem Fall führt man allenfalls seinen Besen. Darin soll jetzt keinesfalls eine Abwertung dieser Position liegen. Als Hauswart hat man durchaus einen wichtigen Job. Aber einfach eine englische Berufsbezeichnung zu verwenden, suggeriert etwas, was die eigentliche Position überhaupt nicht hergibt.

Der echte Facility Manager

Facility Management ist ein Bachelor-Studiengang in vier verschiedenen Fachrichtungen. Dieser Studiengang beschäftigt sich mit nachhaltigem Immobilienmanagament sowie der Gebäudewirtschaft und -entwicklung. Im Studium werden Fachkenntnisse in Technik, Architektur und Betriebswirtschaft vermittelt. Zu den Aufgaben eines Facility Managers gehört beispielweise die Planung und Steuerung von Projekten zur Instandhaltung und Sanierung von Gebäuden. Oder die Gestaltung von modernen, gesunden Arbeitsplätzen.

Das gilt auch für so einige andere Berufsbezeichnungen. Etwa, wenn aus Assistenten oder Sekretären Office Manager werden und plötzlich ein «Media Distribution Officer» die Zeitung austrägt. Mit letzterem gelangt man in einen Bereich, wo eigentlich niemand mehr weiss, welcher Beruf überhaupt gemeint ist. Und man fragt sich: Wozu das ganze? Macht so ein Titel den eigentlichen Job irgendwie besser? Geht es um eine Art Wertschätzung für eher gering angesehene Tätigkeiten? Will sich ein Arbeitgeber damit irgendwie modern geben oder ist es einfach Wichtigtuerei?

Warum der richtige Jobtitel in der Stellenanzeige wichtig ist

Eine Stellenanzeige dient dazu, den potenziellen Bewerbern schon auf den ersten Blick alle relevanten Informationen zur Position zu liefern. Dazu gehören möglichst aussagekräftige Berufsbezeichnungen. Sie sind als Überschrift über der Anzeige der erste Blickfang, um den gesuchten Personenkreis anzusprechen. Schon an dieser Stelle werden erste Erwartungen geweckt. Das heisst, dass der Jobtitel auf jeden Fall verständlich sein muss, damit auf Anhieb klar ist, wer überhaupt gesucht wird.

Deshalb sollte man als Personalverantwortlicher bei der Verwendung englischer Berufsbezeichnungen Umsicht walten lassen. Denn sonst passiert es schnell, dass man an seiner Zielgruppe vorbeischiesst. Um mal beim Facility Manager zu bleiben: Wenn Sie einen Hauswart suchen, dann schreiben Sie das auch so. Ansonsten bewirbt sich vielleicht niemand, weil Facility Manager eben keine Hauswarte sind und umgekehrt. Nicht zuletzt macht es keinen guten Eindruck, wenn man einen hochtrabenden englischen Jobtitel benutzt, sich aus der Stellenbeschreibung aber ein ganz anderes Bild ergibt.

Foto: geralt | Pixabay.com

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