Neue Regeln für die Kurzarbeit in Corona-Zeiten

Inzwischen ist wohl so gut wie jeder mittelbar oder unmittelbar von der Corona-Pandemie betroffen. Das gilt nicht nur für das gesellschaftliche Leben, das durch den «Shutdown» praktisch nicht mehr existiert. Daneben steht auch die Arbeitswelt vor einer Zerreissprobe. Während die Rezession bereits an die Tür klopft, hat das SECO am 08. April seine Konjunkturprognose erneut angepasst. Demnach lägen die Produktionsverluste für die Dauer des «Shutdown» bei 25 %. Komme es im Anschluss nur zu einer langsamen Erholung, könnte das ein Minus von 10 % beim BIP und einen Anstieg der Arbeitslosigkeit auf bis zu 7 % bedeuten*. Wird nun Kurzarbeit – wenigstens vorerst – das Schlimmste verhindern? Jedenfalls scheint man das zu hoffen und hat kürzlich die Regelungen für Antragstellung und Bewilligung gelockert.

Was bedeutet Kurzarbeit?

Kurzarbeit in der Schweiz kennt man schon seit 1924, als das erste Arbeitslosenversicherungsgesetz verabschiedet wurde. Eigenständig im Gesetz verankert ist die Kurzarbeitsentschädigung jedoch erst seit 1982. Aber worum geht es hierbei konkret? Aufgrund von Krisenzeiten geht die Nachfrage zurück und Umsätze brechen ein. Infolgedessen stehen viele Unternehmen vor dem Problem, ihre Mitarbeitenden weder in vereinbartem Umfang beschäftigen noch bezahlen zu können. Die traurige Konsequenz sind dann zumeist Entlassungen. Wenn ein Unternehmen stattdessen vorübergehend Kurzarbeit einführt, kann es die Arbeitsstunden und damit auch die Lohnzahlungen – gegebenenfalls sogar auf null – reduzieren. Den Lohnausfall für die Mitarbeitenden übernimmt die Arbeitslosenkasse (ALK) zu 80 %. Durch die so gewonnene finanzielle Entlastung sollen die Arbeitsplätze erhalten bleiben. Das klingt vernünftig und hat sich bereits früher, etwa bei den Folgen der Finanzkrise von 2008, bewährt.

Unter welchen Voraussetzungen kann man Kurzarbeit beantragen?

Damit ein Unternehmen einen entsprechenden Antrag stellen kann, müssen alle betroffenen Mitarbeitenden schriftlich zustimmen. Denjenigen, die nicht mitziehen wollen, muss der Arbeitgeber den vollen Lohn weiterbezahlen. Allerdings riskieren diese damit immer noch ihre (fristgerechte) Kündigung. In Anbetracht der momentanen Lage sollte sich wohl jeder Mitarbeitende genau überlegen, ob er sich hier verweigern will. Eine weitere Voraussetzung auf Unternehmerseite ist, dass der Arbeitsausfall eindeutig krisenbedingt sein muss. Mit anderen Worten, wer einfach nur seine Finanzen etwas schonen möchte, ist nicht bezugsberechtigt.

Sofern das Thema Kurzarbeit im Raum steht, muss der Arbeitgeber das bei seiner zuständigen Kantonalen Amtsstelle (KAST) anmelden. Diese leitet die Unterlagen nach Bewilligung an die gewählte Arbeitslosenkasse weiter. Die Kurzarbeitsentschädigung zahlt der Arbeitgeber direkt an die Mitarbeitenden und bekommt das Geld dann von der ALK erstattet. Dabei gilt der Anspruch für alle ungekündigten Arbeitnehmenden, die die obligatorische Schule abgeschlossen und das AHV-Alter noch nicht erreicht haben.

Wichtige Erleichterungen im Überblick

Wie dramatisch die Situation ist, zeigen aktuelle Zahlen des SECO. Demzufolge haben bis Anfang April schon 118.000 Unternehmen Kurzarbeit beantragt. Damit betroffene Betriebe in Corona-Zeiten schnellstmöglich Hilfe bekommen, gibt es derzeit zahlreiche Erleichterungen. Auch für Personalverleiher dürfte das interessant sein. Denn der Kreis der Anspruchsberechtigten ist auf Temporärarbeitende ausgeweitet worden. Kurz gesagt gilt bis auf Weiteres:

  • Vereinfachtes Verfahren
    – Voranmeldefrist von bisher 10 Tagen entfällt
    – Wartefrist entfällt
    – Bezugsdauer ist von 3 Monaten auf 6 Monate verlängert
    – Überzeiten müssen nicht zuvor abgebaut werden
  • Anspruch auf Kurzarbeit besteht auch für
    – befristet Beschäftige, Temporärarbeitende und Lehrlinge
    – Angestellte auf Abruf
    – besonders gefährdete Personen

Wer eine arbeitgeberähnliche Anstellung hat oder im Betrieb des Ehe- oder Lebenspartners mitarbeitet, bekommt eine Pauschale von 3.320 CHF. Obschon die Begründung für eine Reduzierung der Arbeitsstunden derzeit kurz gehalten werden darf, der blosse Bezug auf das Corona-Virus genügt nicht. Sondern der Zusammenhang mit den wirtschaftlichen Einbussen muss schlüssig sein. Damit will man verhindern, dass sich Betriebe aus dem Kurzarbeits-Topf bedienen, die es gar nicht nötig haben. Ob das angesichts der Antragsflut gelingt, erscheint momentan fraglich. Daher hat der Bund bereits angekündigt, dass es Nachprüfungen geben wird.

Probleme bei der Kurzarbeitsentschädigung

Auch wenn Kurzarbeit im Augenblick das Mittel der Wahl zu sein scheint, gibt es kritische Stimmen. In der Vergangenheit hat Kurzarbeit Entlassungen nicht immer verhindert, sondern nur hinauszögert. Eine Kündigungswelle kam dann eben nach Ablauf der Bezugsdauer für die Entschädigungszahlungen. Daneben können Schummeleien, etwa bei der Arbeitszeitserfassung, nicht ausgeschlossen werden. Ob wirklich weniger gearbeitet wird, lässt sich in manchen Bereichen eben schwer bis gar nicht überprüfen.

Trotzdem ist Kurzarbeit sinnvoll. Einerseits behalten die Arbeitnehmenden ihren Arbeitsplatz und haben keine Einbussen in der Sozialversicherung. Andererseits vermeiden Unternehmen zeit- und kostenintensive Neueinstellungen nach Ende der Ausnahmesituation. Dennoch, auf allzu lange Sicht kann man den augenblicklichen Status quo nicht aufrechterhalten. Alles steht und fällt nun mit der Entscheidung, ob, wann und in welcher Form es Lockerungen geben wird. Wohl kaum je zuvor war die Zukunft so ungewiss wie heute. Nur eins ist klar – die Auswirkungen der Krise sind immens, nicht nur auf finanzieller Ebene.

Foto: Pixabay

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