Arbeitszeugnis Schweiz: Inhalt, Aufbau & Formales
Das Arbeitszeugnis ist ein wichtiges Dokument, welches die Bewertung von Leistung und Verhalten eines Arbeitnehmers durch den Arbeitgeber ausdrückt. So ein Zeugnis hat nicht nur Einfluss auf die berufliche Zukunft eines ausscheidenden Mitarbeiters. Darüber hinaus ist ein Arbeitszeugnis erstellen in der Schweiz an bestimmte rechtliche Vorgaben geknüpft und sollte deshalb mit grösster Sorgfalt angegangen werden. Im folgenden Artikel finden Sie wertvolle Hinweise zum Thema Arbeitszeugnis Schweiz im Hinblick auf Inhalt, Aufbau und unzulässige Formulierungen in Arbeitszeugnissen.
Ein Arbeitsverhältnis ist von gegenseitigen Rechten und Pflichten geprägt. Zu den regelmässigen arbeitgeberseitigen Verpflichtungen gehört es, Arbeitszeugnisse auszustellen. Denn darauf haben Arbeitnehmer in der Schweiz gemäss Art. 330a OR jederzeit einen Anspruch. Bei einem laufenden Arbeitsverhältnis wird ein solches Zeugnis als Zwischenzeugnis erteilt, zu Beschäftigungsende als Schlusszeugnis.
Übrigens entsteht der Anspruch auf ein Arbeitszeugnis in der Schweiz erst auf Verlangen des Arbeitnehmers. Dieser verjährt – genau wie der Anspruch auf Berichtigung eines Arbeitszeugnisses – 10 Jahre, nachdem das Arbeitsverhältnis geendet hat. Als Arbeitgeber sind Sie also erst dann in der Pflicht, wenn der Arbeitnehmer ein Zeugnis wünscht. Eine Ausnahme gilt beim Lehrzeugnis. Das Lehrzeugnis ist nach Lehrende obligatorisch und muss sich mindestens auf die erlernte Berufstätigkeit und die Lehrdauer beziehen (Art. 346a OR).
In der Schweiz unterscheidet man zwischen Vollzeugnis (= qualifiziertes Zeugnis) und Teilzeugnis (= Arbeitsbestätigung). Das Vollzeugnis ist umfangreicher als eine einfache Arbeitsbestätigung, da es neben Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung eine Beurteilung über Leistungen und Verhalten eines Arbeitnehmers enthält. Demgegenüber beschränkt sich die Arbeitsbestätigung lediglich auf Angaben zu Art und Dauer der Beschäftigung und trifft keine Aussagen zu Leistung und Verhalten.
Wann Arbeitszeugnis und wann Arbeitsbestätigung?
Üblicherweise werden Arbeitszeugnisse als qualifiziertes Schluss- oder Zwischenzeugnis ausgestellt. Schliesslich dienen sie dem Arbeitnehmer als Leistungsnachweis im Bewerbungsprozess und unterstützen umgekehrt Personalverantwortliche bei der Beurteilung einer potenziellen Eignung für eine Vakanz. Es gibt jedoch Situationen, in denen die Erteilung einer reinen Arbeitsbestätigung sinnvoller sein kann:
- Wenn der Arbeitnehmer dies anstelle eines Zeugnisses verlangt (Art. 330a Abs. 2 OR).
- Wenn der Arbeitnehmer eine Beschäftigungsbestätigung gegenüber Dritten (Bank, Vermieter o.ä.) benötigt.
- Wenn Berufspraxis für eine Prüfungszulassung oder Weiterbildungen nachgewiesen werden soll.
- Wenn das Beschäftigungsverhältnis nur befristet oder von sehr kurzer Dauer war und eine objektive Beurteilung noch nicht erfolgen kann.
- Wenn während der Probezeit gekündigt wird.
- Wenn es sich um eine Aushilfstätigkeit handelt.
Ein weiterer Anwendungsfall kann sich ergeben, sofern der Arbeitnehmer eine unzureichende Arbeitsleistung erbracht hat. Da sich ein entsprechendes, wahrheitsgetreues Vollzeugnis höchstwahrscheinlich negativ auf die berufliche Zukunft auswirkt, kommen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in dieser Situation oft überein, sich auf eine Arbeitsbestätigung zu beschränken.
Weil ein Arbeitszeugnis – sei es als Schluss- oder Zwischenzeugnis – angemessen Auskunft über die Art der Tätigkeit sowie Leistung und Verhalten des Arbeitnehmers geben soll, haben sich verbindliche Richtlinien entwickelt, welchen Inhalt Arbeitszeugnisse üblicherweise haben müssen:
Der Austrittsgrund muss nicht zwingend genannt werden, ausgenommen, der Arbeitnehmer wünscht dies oder aber, falls der Austrittsgrund für die Gesamtbewertung erheblich ist. Ein Zwischenzeugnis sollte immer in der Gegenwartsform verfasst sein, selbst wenn bereits feststeht, dass das Arbeitsverhältnis in absehbarer Zeit enden wird.
Äussere Form des Arbeitszeugnisses
Auch in Bezug auf die äussere Form sind einige Punkte zu beachten. Das Zeugnis soll
- maschinengeschrieben und auf gutem Papier sauber ausgedruckt sein,
- frei von Fehlern sowie sprachlich klar und verständlich sein,
- keine Streichungen enthalten und insgesamt einen gepflegten Eindruck vermitteln.
In materiell-rechtlicher Hinsicht gelten für ein Arbeitszeugnis in der Schweiz vier sehr wichtige Grundsätze: Vollständigkeit, Wahrheit, Wohlwollen und Klarheit. Das Zeugnis soll sich dabei ausschliesslich auf diejenigen Dinge beschränken, die im Zusammenhang mit der ausgeübten Tätigkeit stehen und die zur Beurteilung von Leistungen und Verhalten notwendig sind.
Vollständig und wahr
Ein Zeugnis muss inhaltlich vollständig sein und der Wahrheit entsprechen. Das bedeutet, dass auch negative Punkte aufgeführt werden müssen, sofern sie das Arbeitsverhältnis belastet haben. Einmalige, unerhebliche Verfehlungen gehören allerdings nicht dazu, ebenso wie persönliche Beeinträchtigungen oder Krankheiten, die nicht im Zusammenhang mit dem Arbeitsverhältnis stehen.
Wohlwollend, aber klar
Ein Zeugnis sollte wohlwollend formuliert sein, deshalb dürfen positive Punkte extra betont werden. Arbeitnehmer haben jedoch keinen Anspruch auf bestimmte, besonders wertschätzende Formulierungen. Die Zeugnissprache sollte klar, nachvollziehbar und unmissverständlich sein. Die Verwendung zweideutiger Formulierungen oder verdeckter Codes im Arbeitszeugnis ist in der Schweiz nicht erlaubt.
Ein Arbeitszeugnis ist nicht nur Leistungs- und Beschäftigungsnachweis, sondern es soll ebenfalls das berufliche Fortkommen eines Arbeitnehmers fördern oder zumindest nicht nachhaltig behindern. Aus diesem Grund sind Arbeitszeugnisse meist positiv formuliert, damit sie dem Grundsatz des Wohlwollens entsprechen. Das führt dazu, dass Zeugnisse oftmals Formulierungen enthalten, die auf den ersten Blick nicht ganz einfach zu werten sind. Viele sprechen sogar von geheimen Arbeitszeugnis Codes, welche sich nur dem geschulten Auge eines Personalprofis erschliessen.
Beispiel zu gängigen Formulierungen der allgemeinen Leistung:
- stets zur vollsten Zufriedenheit = sehr gut
- zur vollsten Zufriedenheit = gut
- zur vollen Zufriedenheit = befriedigend
- zu unserer Zufriedenheit = ausreichend
- im Grossen und Ganzen zufrieden = mangelhaft
Dieses und viele weitere, ähnlich gefasste Beispiele sind mittlerweile hinreichend bekannt. Somit kann von Geheimcodes kaum die Rede sein. Vielmehr handelt es sich um zeugnisspezifische, sprachliche Feinheiten, die sich nach und nach etabliert haben, weil sie eine wohwollende Formulierung erlauben und dennoch einer reellen Beurteilung entsprechen.
Bei bestimmten Arbeitszeugnis Formulierungen ist in der Schweiz trotzdem Vorsicht geboten. Vor allem bei solchen, die Negatives in vermeintlich positiver Form verpacken (Zum Beispiel: «Durch ihre gesellige Art war sie im Kollegenkreis sehr beliebt» = «Hat lieber gefeiert, als gearbeitet und hatte Probleme mit Vorgesetzten»). Dabei handelt es sich um unklare und mehrdeutige Aussagen, die so nicht verwendet werden dürfen. Das Wahrheitsgebot steht eindeutig über dem Wohlwollensgrundsatz, weshalb auch Gefälligkeitszeugnisse nicht zulässig sind.
Als Personaldienstleister kennen Sie sich mit der Zeugnissprache bestens aus und wissen, dass Sie bei Arbeitszeugnis Formulierungen einigen Spielraum haben. Dennoch wurde nicht jedes Zeugnis von einem Personalprofi verfasst, was beispielsweise in kleineren Firmen häufig vorkommt. Es empfiehlt sich darum, den Feinheiten bei den Formulierungen nicht allzu grosse Bedeutung beizumessen und das Arbeitszeugnis auf keinen Fall als alleinigen Massstab zur Eignungsbeurteilung eines Bewerbers heranzuziehen. Stattdessen helfen das persönliche Gespräch, eignungsdiagnostische Verfahren sowie Referenzauskünfte, um sich ein umfassendes Gesamtbild zu verschaffen.
Wenn Sie in der Schweiz ein Arbeitszeugnis schreiben wollen, benötigen Sie eine solide Beurteilungsgrundlage. Dazu dienen Unterlagen und Aufzeichnungen aus dem Personaldossier, Mitarbeitergespräche und die Einschätzung der unmittelbar vorgesetzen Führungskräfte. Ein Arbeitszeugnis in der Schweiz hat üblicherweise einen Umfang von ein bis zwei Seiten. Bereiten Sie zunächst einen Entwurf vor und räumen Sie dem Arbeitnehmer die Möglichkeit ein, den Zeugnisentwurf zu prüfen.
Eventuell haben Sie etwas Wichtiges übersehen oder der Mitarbeiter wertet bestimmte Punkte anders. Nutzen Sie die Gelegenheit, etwaige Änderungen – aber immer im Rahmen der materiellen Grundsätze – zu besprechen. Wenn Sie im Vorfeld Missverständliches ausräumen und ein Zeugnis erstellen, mit dem beide Seiten gut leben können, ersparen Sie sich rechtliche Auseinandersetzungen.
Gelegentlich finden Sie die Empfehlung, den Arbeitnehmer das Arbeitszeugnis schreiben zu lassen. Dazu gibt es geteilte Meinungen. Zwar kann es eine Erleichterung sein, gerade wenn keine versierte Personalabteilung vorhanden und der Zeitdruck gross ist. Andererseits soll das Arbeitszeugnis eine objektive Beurteilung der Arbeitsleistung enthalten, doch wer schätzt schon die eigene Person objektiv ein? Sie dürfen den Arbeitnehmer bis zu einem gewissen Grad in die Zeugniserstellung mit einbeziehen, verfassen sollten Sie es jedoch selbst, da Sie den Inhalt im Zweifel auch vertreten können müssen.
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Redaktioneller Hinweis:
Dieser Artikel bietet einen Überblick zum Thema Arbeitszeugnis Schweiz. Dabei bezieht sich der Artikel ausschliesslich auf Arbeitsverträge des Privatrechts, da öffentlich-rechtliche Arbeitsverhältnisse gesonderten Bestimmungen unterliegen. Dieser Artikel versteht sich als unverbindlicher Ratgeber. Er erhebt keinen Anspruch auf Vollständigkeit und ersetzt keinesfalls juristischen Fachrat.
Beitragsbild: pexels.com // Anna Shvets